„O’zapft ist“, heißt es wieder ab Samstag (16. September). Dann werden schätzungsweise 6 Mio. Menschen das Oktoberfest fluten. Das Research der HypoVereinsbank (HVB) nimmt dies zum Anlass dem Ereignis eine eigene Studie zu widmen: „Oktoberfest 2017: beer liquidity to remain ample“. Auch wenn die Bier-Liquidität gesichert scheint, müssen die Besucher dafür doch immer tiefer in die Lederhose greifen. Laut der HVB beläuft sich die Maß 2017 auf durchschnittlich 10,83 Euro, 3,1 Prozent mehr als im Vorjahr.
Seit 1985 hat sich den HVB-Volkswirten zufolge der Bierpreis sogar um fast 250 Prozent vervielfacht, während die übrige Preissteigerung bei nur 70 Prozent lag. Der Hähndelpreis legte gegenüber 2016 sogar um stolze 6,2 Prozent zu, obgleich Hähnchenfleisch bundesweit eher günstiger wurde. Insgesamt habe der Wiesen Visitor Price Index – ja, so etwas gibt’s – um 3,1 Prozent zugelegt.
Investmentbanker reisen aus Frankfurt und London an
Doch die Wiesn stellt nicht nur ein teures Gaudi dar, sondern wohl auch das größte Networking-Event, das Europas größte Volkswirtschaft zu bieten hat. Nicht nur die ortsansässigen Finanzkonzerne mieten dort Tische, auch aus Frankfurt reisen ganze Sales-Teams der Banken an, um ihre Kunden und Geschäftspartner zu treffen, versichert Headhunter Manuel Rehwald von Rehwald Associates.
Laut einem Finanzprofi, der lieber anonym bleiben möchte, hätten z.B. die Investment Banker der Citigroup aus Frankfurt Tische auf dem Oktoberfest reserviert. „Im vergangenen Jahr sind sogar die Trader aus London angereist“, erzählt der Insider.
Doch wie sollte man sich verhalten, wenn man nach München eingeladen wurde? Wir haben einen kleinen Oktoberfest-Knigge zusammengestellt, damit die Festlichkeit auch für „Saupreißen“ zum Erfolg wird.
Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig trinken
Beim Alkoholkonsum kommt es auf den goldenen Mittelweg an. Wer abstinent bleibt, stellt sich abseits, und wer zu tief in die Maß schaut, fällt womöglich ebenfalls negativ auf. Beim Maß-vollen Trinken überwiegen jedoch die Vorteile. „Man trinkt ein, zwei Maß und unterhält sich über private und geschäftliche Themen“, erzählt Personalberater Raphael Rosenfeld von Argos Advisors. „Es geht nicht um die Anbahnung von Neugeschäft. Man lädt Leute ein, mit denen man ohnehin Geschäfte macht. Zu fortgeschrittener Stunde ist man dann schnell beim Du, dann fällt später auch die Zusammenarbeit auf geschäftlicher Ebene leichter.“
Nicht auf den Tischen tanzen
„Ich habe beim Oktoberfest schon vieles gesehen“, warnt Rehwald. Der Headhunter rät davon ab, es den Tischnachbarn gleich zu tun und zu vorgerückter Stunde samt Maßkrug auf dem Tisch zu tanzen. „Die Branche ist recht klein. Man muss immer im Hinterkopf behalten, dass man dort auf viele Bekannte und potenzielle Kunden trifft.“
Achten Sie auf die Zelte und Sitzplätze
Rosenfeld geht schon die Wahl des richtigen Festzeltes strategisch an. „In einigen gibt es keine Musik, da geht man dann eher zum Essen hin“, erzählt Rosenfeld. Manche Zelte seien schicker als andere. Oft bevorzugt Rosenfeld Tische auf Emporen, wo es etwas ruhiger zugehe und geschäftliche Gespräche leichter fielen.
Ohne Lederhose fällt man auf
Ein alter Bankerwitz lautet: Welche Farbe hat der hellste Anzug eines Bankers? Schwarz. Und welche Farbe hat das dunkelste Hemd eines Bankers? Weiß. Dagegen ist Geschäftskleidung auf dem Oktoberfest verpönt, versichert Rehwald. Die meisten Banker würden heute in Lederhosen oder Dirndl erscheinen. „Das hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Mittlerweile tragen etwa 90 Prozent der Finanzprofis auf dem Oktoberfest Tracht. Auch die Frankfurter hätten meist Lederhosen oder Dirndl im Schrank“, erzählt Rehwald. Doch auch Jeans und Hemd seien vollkommen in Ordnung.
Rosenheim betreibt mit seinem Herbstfest eine Miniaturausgabe des Oktoberfestes, auf dem aber ähnliche Regeln gelten. „Einige holen zum Herbstfest ihre sündhaft teuren Trachten aus dem Schrank. Da kann es schon vorkommen, dass ein Eingeborener stolz seinen Gamsbart im Wert von vielen hundert und seine Lederhose von über 1000 Euro durch das Festzelt trägt“, sagt ein zweiter Finanzprofi, der einige Jahre in Oberbayern gelebt hat. „Wer dazu gehören will, kommt oft um die Krachledernde nicht herum. Normalerweise tut es aber auch die Lederhose aus dem Discounter.“
Vorsicht vor dem Maskenball-Effekt
Allerdings ist Vorsicht geboten: Man kann nie sicher sein, wer am Nachbartisch sitzt. „Derartige Veranstaltungen haben immer auch etwas von einem Maskenball an sich. Die Leute kleiden sich nicht nachdem, was sie tatsächlich sind, sondern was sie sein möchten“, warnt Karrierecoach Gunnar Belden von der Maturias Personalberatung. „Man kann also neben dem CEO eines Konzerns sitzen, der sich volkstümlich geben will, oder auch neben einem kleinen Mann, der einen auf dicke (Leder)-Hose macht.“