Kaum ein Thema wird derzeit auf der Frankfurter Fressgasse heißer diskutiert als der anstehende Brexit. Doch obgleich die Träume von einem Jobboom infolge des Brexits groß sind, fallen die konkreten Realitäten bescheiden aus – vorerst zumindest. „Noch gibt es keine Suchanfragen von Banken, die auf den Brexit zurückgehen“, beobachtet Headhunter Patrick Riske von Fricke Finance & Legal in Frankfurt. Auch andere Frankfurter Personalberater haben noch keine hiermit zusammenhängenden Aufträge erhalten. „Es wäre einfach verfrüht, jetzt schon konkrete Aussagen über die Folgen des Brexits für den Frankfurter Arbeitsmarkt zu treffen“, ergänzt etwa Headhunterin Magdalena Bohn von MB Consulting in Frankfurt.
Dennoch bringen sich die Kandidaten vorsorglich in Stellung. „Es gibt einige Finanzprofis, die sich jetzt melden und pro-aktiv den Finger heben, um sich in Erinnerung zu bringen, falls der Brexit für neue Stellen sorgt“, beobachtet Riske. „In drei bis sechs Monaten wird man klarer sehen“, schätzt der Personalexperte. Hier ein paar Tipps, die Sie zwischenzeitlich unternehmen können:
1. Prüfen Sie, ob Sie für Brexit-Profile in Frage kommen
„Als erstes müssen Sie prüfen, ob ihr Qualifikationsprofil überhaupt unter den Brexit fällt“, rät Headhunter Mike Boetticher von der match personalberatung in Frankfurt. Beispielsweise sei schon jetzt absehbar, dass im Falle eines Brexits Heerscharen von Juristen mit einem Fachanwalt in Bank- und Kapitalmarktrecht oder Schwerpunkten in Aufsichtsrecht oder Gesellschaftsrecht gesucht werden würden. In Falle eines Brexits müssten nicht nur neue Geschäftsbereiche in Frankfurt und anderswo in der EU eingerichtet, sondern auch die Produkte dem neuen rechtlichen Umfeld angepasst werden.
Als zweiten Schritt rät Boetticher mittels Zeitungslektüre und Internet am Ball zu bleiben und sich über die neuesten Entwicklungen beim Brexit und dessen Folgen für den Arbeitsmarkt zu informieren.
2. Melden Sie sich bei Personalberatern
Riske empfiehlt interessierten Finanzprofis sich vorsorglich bei Personalberatern zu melden. „Damit rufen Sie sich in Erinnerung und signalisieren, dass Sie zur Verfügung stehen“, sagt Riske. „Das darf aber nicht in penetranter Art und Weise geschehen“, schränkt Riske ein. Kein Personalberater sei von aufdringlichen Kandidaten entzückt.
„Wer fünf Jahre oder mehr in seinem Beruf arbeitet, sollte schon Kontakt mit Personalberatern gehabt haben“, meint auch Headhunter Raphael Rosenfeld von Argos Advisors in München. Den Kontakt könnten die Kandidaten wiederbeleben, sofern sie für eine neue Herausforderung bereit sind. „Dabei dürfen Sie nicht als Bittsteller auftreten“, warnt Rosenfeld. „Wenn man sagt: ‚Ich will hier weg‘, dann fragt sich der Personalberater sofort, was dort los ist.“ Vielmehr sollten die Kandidaten einfach signalisieren, dass sie für neue Herausforderungen offen sind.
„Senden Sie auch keinen Lebenslauf, sondern rufen Sie an“, ergänzt Rosenfeld. „Meiner Erfahrung nach sind Initiativbewerbungen bei Arbeitgebern und Personalberatern wenig effizient.“
„Personalberater sind auch keine Zauberer“, sagt Rosenfeld weiter. „Wir suchen für unsere Kunden meist nach ganz konkreten Profilen. Daher tun wir uns mit Seiteneinsteigern schwer.“
3. Bringen Sie Ihren Lebenslauf auf Vordermann
„Banker in Front Office-Positionen haben eigentlich immer einen aktuellen Lebenslauf in der Schublade“, beobachtet Riske. „Da gibt es kaum einen, der erst noch den Staub vom Lebenslauf blasen muss.“ Im Middle und Back Office mag dies anders aussehen. Auf jeden Fall sollte der Lebenslauf vorsorglich schon einmal auf den aktuellen Stand gebracht werden.
Freilich handelt es sich bei dem aktualisierten Lebenslauf lediglich um ein Template, welches bei jeder einzelnen Bewerbung an das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle angepasst werden muss. Dazu hat es sich bewährt, möglichst viele Schlüsselbegriffe zu übernehmen und mit Stationen im eigenen Lebenslauf zu belegen. Die für den Job relevanten Stationen im Werdegang sollten ausführlich dargestellt werden, während irrelevante nur kurz erwähnt werden, um Lücken zu vermeiden.
4. Stellen Sie sämtliche Unterlagen für Brexit-Jobs zusammen
Viele deutsche Arbeitgeber verlangen immer noch „vollständige“ Bewerbungsunterlagen. „Ich sage immer, dass Kandidaten alles vom Abiturzeugnis aufwärts mitsenden sollen“, erzählt Boetticher. Neben Abitur, Uniabschluss, Arbeitszeugnissen, dem aktuellen Zwischenzeugnis zählten hierzu einschlägige Fortbildungen. „Dazu gehört aber keine Fortbildung in Microsoft PowerPoint“, präzisiert Boetticher. Vielmehr seien relevante Fortbildungen wie z.B. der Chartered Financial Analyst (CFA) oder der Financial Risk Manager (FRM) gemeint. Berufserfahrene Kandidaten könnten auf Praktikumsnachweise verzichten.
5. Aktualisieren Sie Ihre Internet-Profile
Laut Rosenfeld haben viele Personalberater in beruflichen Netzwerken wie Xing oder LinkedIn Suchanfragen hinterlegt, die ihnen automatisch E-Mails senden, sobald jemand relevante Begriffe in sein Profil einträgt. „Ich empfehle, die Profile in beruflichen Netzwerken regelmäßig zu aktualisieren“, erläutert Rosenfeld. „Dann erscheint man bei Suchanfragen auf den vorderen Plätzen.“ In Zeiten, in denen jeder Arbeitgeber und Headhunter als erstes den Namen eines Kandidaten googelt, kann dies gar nicht überschätzt werden. Auch die Lebensläufe in Datenbanken wie der von eFinancialCareers müssen stets auf dem neuesten Stand sein.
6. Fragen Sie bei Gelegenheit schon einmal nach einem Zwischenzeugnis für Brexit-Jobs
Arbeitgeber legen immer noch Wert auf Arbeitszeugnisse, obgleich deren Sprache zu Fehlinterpretationen geradezu einlädt. Wer allerdings seinen Vorgesetzten ohne aktuellen Anlass nach einem Arbeitszeugnis fragt, macht sich verdächtig. Die Kunst besteht also darin, jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen und schon frühzeitig nach einem solchen Zeugnis zu fragen. Dazu bieten sich Vorgesetztenwechsel, Restrukturierungen, interne Wechsel und Beförderungen an. Tatsächlich sollten Finanzprofis diese Gelegenheiten nutzen, um nicht mit einem Uraltzeugnis dazustehen, falls ein Traumjob vakant wird.
„Fragen Sie nur nach einem Zwischenzeugnis, wenn der Grund dafür von der Personalabteilung nachvollzogen werden kann und keine ,schlafenden Hunde‘ geweckt werden“, warnt Boetticher. „Mit einem Zwischenzeugnis setzt man eine ganz wichtige Marke, denn das Endzeugnis darf im Regelfall nicht erheblich vom Zwischenzeugnis abweichen.“ Der Arbeitgeber habe auch gar keine Veranlassung, ein schlechtes Zwischenzeugnis auszustellen, was bei einem Endzeugnis durchaus anders sein könne. „Daher sollte sich ein Angestellter ins Gebetsbuch schreiben, bei jedem Vorgesetzten- oder Positionswechsel innerhalb des Unternehmens ein Zwischenzeugnis zu verlangen.“